FRANK ZANDER: Hier kommt Frank
Der Kult-Star präsentiert seine coolsten Hits
Aus Anlass des 80. Geburtstages von Frank Zander präsentiert Telamo seine neue Doppel-CD Meine coolsten Hits. Mit darauf ist natürlich auch die neue Single Freunde wie Felsen. Der Ur-Berliner steht seit über 50 Jahren auf der Bühne, ist eigentlich gelernter Grafiker und Maler und gilt ganz offiziell als der erfolgreichste deutsche Comedy-Sänger aller Zeiten. Für hossa! hat er ein Schlager-historisches Interview gegeben.
Von Michael Humboldt
Frank Zander, welche Bedeutung hat Dein 80. Geburtstag in diesem Jahr für Dich?
Naja, ich hatte schon etwas Angst vor der drohenden „8“. Klingt irgendwie nach uralt, aber es ist ja nur ´ne Zahl und ich fühl mich eigentlich im Kopf wie 69. Und ich habe noch eine Menge vor. Mein großes Vorbild in Sachen Alter ist mein Kollege Dieter Hallervorden. Der rockt mit 86 noch die Bühnen - finde ich klasse und bemerkenswert. Das will ich auch schaffen.
Wie habt Ihr den Geburtstag verbracht?
Eigentlich wollte unser Galerist Heinz Walentowski, der auch die Bilder von Otto und Udo Lindenberg vertreibt, eine große Feier für mich in Werl veranstalten und das Ganze mit einer Ausstellung meiner Gemälde verbinden. Aber mal wieder hat das verdammte Coronavirus uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Tja, und so haben wir im kleinen Kreis, mit Freunden und Familie, gefeiert. Zusammen haben wir uns dann das TV Special Hier kommt Kurt im rbb angeschaut und über alte Zeiten geplaudert.
Wer hat Dich in Deiner Jugend selbst inspiriert. Und wie hast Du den Einstieg in die Schlager-Szene damals geschafft?Aufgewachsen bin ich in der Nachkriegszeit in Berlin Neukölln. In der Schule war ich nicht so der Überflieger. Besonders Mathe und Latein waren der Horror für mich. Bei Schulkonzerten war ich aber als Musiker immer vorne dabei, habe Gitarre gespielt und lange für eine gute Klampfe gespart. Meine musikalischen Vorbilder in den 60ern waren die sogenannten Skiffle Musiker wie Lonnie Donegan. Ich habe tagelang versucht, seine Soli nachzuspielen. Wir mussten uns damals mühsam die Akkorde aus dem Radio raushören. Nach der Schule habe ich eine Ausbildung als Gebrauchsgrafiker abgeschlossen und Ölgemälde mit Brücken und Landschaften für Kaufhäuser gemalt. Davon haben wir damals gelebt.
Und wie kamst Du zur Musik?
Ich war Gitarrist der Band The Gloomy Moon Singers, später The Gloomys. Wir hatten einige Auftritte, waren die Begleitband von Christian Anders und recht erfolgreich. Dann kam irgendwann der große Schnitt. Bei einem Band-Marathon mit den Gloomys, bei wir dem stundenlang spielten, habe ich meine Mandelentzündung einfach ignoriert und weiter gesungen, bis es nicht mehr ging. Der Arzt sagte später: Das war’s dann mit Ihrer glasklaren Stimme. Tja, und seitdem ging es mit meiner Stimme bergab und mit meiner Karriere bergauf. Ich startete eine Solokarriere, und was lag näher, als mit einer kaputten Stimme den schwarzen Humor zu pflegen.
Welche Kontakte gab es zur Schlager-Szene damals?
Meine ersten Songs schrieb ich mit Gunter Gabriel. Den Nick Nack Man und den Ur-Ur-Enkel von Frankenstein. Es war wohl der erste deutsche Rap 1973. Und Frankenstein war dann mein erster Nummer-1-Hit. Allerdings in Österreich. Meine Songs passten ab dann in keine Schublade mehr, und ich wurde als Gruselrocker oder Blödelbarde bezeichnet. Erst als ich dann mit meinem Pseudonym Fred Sonnenschein & seine Freunde zusammen mit den Hamstern meinen ersten Nummer-1-Hit 1981 in Deutschland hatte, war ich mit dem Song Ja, wenn wir alle Englein wären in der Schlagerszene etabliert.
Wie würdest Du Dein Genre heute selbst beschreiben?
Meine Musik ist Genre- und Generationen-übergreifend, und ich lass mich nicht in eine Schublade packen, das können Andere machen, wenn sie wollen. Liedermacher, Comedy, Rock, Pop, Schlager, Stimmung – von jedem etwas.
Welcher Titel war dann der Durchbruch, der alle Türen geöffnet hat?
Zuerst der Ur-Ur-Enkel von Frankenstein. Dieser Song hat mir die Tür zum Fernsehen geöffnet, denn der damalige WDR-Redakteur Rolf Spinrads hat diesen Song gehört und gesehen und lud mich ein, eine eigene, verrückte Fernsehshow zusammen mit Helga Feddersen zu moderieren: Die legendäre Plattenküche – der Rest ist dann ein Stück Fernsehgeschichte geworden, auf die ich sehr stolz bin. Danach kam dann noch die Sendung Bananas. Ein zweiter wichtiger Meilenstein meiner Karriere war dann ein Verbot. Oh Susi, der zensierte Song, wurde damals wirklich auf den Index in Bayern gesetzt und durfte im bayerischen Radio nicht gespielt werden, weil er aus Sicht der Redakteure geschmacklos war. Das war dann der Durchbruch in Deutschland. Der Song ging ab wie eine Rakete. Es gibt aber noch einen Titel, der für mich und meine Fans sehr wichtig ist, und der sich bis heute gut auf der Bühne darstellen lässt: Ich trink auf Dein Wohl, Marie.
Mit dem Nick Nack Man hast Du weit vor dem Rap den Rap erfunden. Wie kamst Du damals auf diese Idee?
Der schwarze Humor hat mich schon immer sehr beeindruckt. Ich habe gerne Horrorfilme gesehen, am liebsten B-Movies und Hammer-Filme. Dann kam mir die Idee, eine düstere Endzeit-Figur zu erfinden, und der Nick Nack Man war geboren. Mit der ersten Rhythmusmaschine, einem Bananenstecker und Pantoffeln, die ich auf den Boden neben ein Mikro geklopft habe, ist der Rhythmus entstanden. Samples gabs ja noch nicht, also alles selbst gebastelt. Das war damals echt sehr gewagt und progressiv.
Hast Du auch in Teams gearbeitet?
Die ersten Hits sind zusammen mit Gunter Gabriel entstanden. Er war damals, genau wie ich, als Künstler bei Hansa und als Songschreiber bei den Meisel Musikverlagen unter Vertrag. Das war wie eine große Familie, und wir durften uns ausprobieren. Thomas Meisel hatte ein Label gegründet: Der andere Song. Auf diesem Label sind dann viele Künstler groß geworden. Hugo-Egon Balder, Gebrüder Blattschuss, Gunter Gabriel oder auch Klaus Lage, alle haben dort angefangen. Und alle meine Hits sind dort auch erschienen. Die Ideen für die Texte und Themen kamen meist von mir, danach habe ich den Text dann mit Kollegen wie Norbert Hammerschmidt, der später für Roland Kaiser die großen Hits textete, oder später dann mit Hanno Bruhn den endgültigen Songtext ausgearbeitet. Die Ideen kamen mir oft in Kneipen, denn ich habe schon immer gerne Menschen beobachtet.
Eigentlich hast Du ja ein eigenes Genre erfunden, das es noch nicht gab. Gab es da musikalische Verwandte oder Vorbilder?
Meine Vorbilder in den 70ern waren ganz verrückte Künstler wie Dr. Feelgood, Cheech And Chong oder Spike Jones. Viele Sketche und Songs meiner ersten Alben Wahnsinn und Zanders Zornwaren an diese Künstler angelehnt. Der Mainstream hat mich nie besonders interessiert, ich stand auf die ganz besonderen und skurrilen Sachen. Natürlich waren für mich auch Gitarristen wie Hank Marvin, Chat Atkins oder auch Mark Knopfler Vorbilder. Sultans Of Swing durfte ich in den 80ern sogar auf Deutsch interpretieren und habe auch alle Gitarren-Parts selbst eingespielt. Bei mir heißt die Version Das war’n Zeiten – den Kudamm rauf. Ich höre viel neue Musik und kann mich für intelligente Texte und Arrangements begeistern. Prinz Pi mag ich sehr, aber auch Vincent Weiss, Johannes Oerding oder auch Alexa Feser finde ich alle richtig klasse.
In Titeln wie Oh Susie verbindest Du ja Satire und Humor mit einer melancholischen Hit-Melodie. Hattest Du auch mal vor, den Spaß wegzulassen und todernste Pop-Songs zu schreiben?
Nein, eigentlich hatte ich das nie vor. Und wenn ich es versucht habe, dann kam entweder doch noch eine schräge Idee dazu, oder aber man hat es mir nicht abgenommen, denn es gibt ja auch eine Erwartungshaltung bei den Fans. Der Zander muss eben immer für eine Überraschung gut sein.
Welcher Song war eigentlich unter all den coolen Titeln Dein größter Hit?
Ganz klar Hier kommt Kurt. Erst vor ein paar Wochen bekam ich eine Mail von einer begeisterten Mutter, die mir schrieb, dass ihr fünfjähriger Sohn dieses Lied so liebe und er unbedingt als Kurt verkleidet zum Fasching will. Der Song ist nun schon über 30 Jahre alt, aber er fühlt sich immer noch jung und cool an, genau wie 1990. Kurt ist zeitlos, denn solche Typen gibt es heute noch zu genüge. Der Spruch „Ohne Helm und ohne Gurt“ wurde mittlerweile zum geflügelten Wort. Das war ein echtes Meisterstück von Hanno Bruhn, mit dem ich den Text geschrieben habe. Der Kurtwurde auch schon von einigen Werbefirmen als Slogan genutzt. Auf diesen Titel bin echt stolz, und er gehört zu mir wie der berühmte Name an der Tür. Hier kommt Kurt ist das Coolste, was mir bis jetzt gelungen ist.
Der Kurt war ja nach den Erfolgen in den Siebzigern irgendwann auch ein Comeback-Hit. Hast Du das auch so für Dich so empfunden?
Da ich ja nie nur Musik gemacht, sondern auch Fernsehshows moderiert und Bilder gemalt habe, war der Erfolg von Kurt für mich kein Comeback. Der Stimmungs-Titel Marlene war ja erst zwei, drei Jahre zuvor hoch in den Charts platziert. Aber als Kurt rauskam, war es schon wie ein Neuanfang. Die Mauer fiel zu dieser Zeit, und wir konnten endlich mit meiner Live-Band Konzerte in den neuen Bundesländern geben. Das war eine sehr bewegende Zeit, und von Berlin aus waren wir fast ständig unterwegs, in kleinen und großen Städten der ehemaligen DDR. Die Leute waren unglaublich herzlich und begeistert. Ich hab mir immer viel Zeit für die Fans genommen und nach den Konzerten teilweise stundenlang Autogramme gegeben und Fotos gemacht.
Auf dem neuen Album ist auch ein neuer Song drauf.
Ja, mein Sohn hatte die Idee, zum runden Geburtstag einen neuen Song zu veröffentlichen. Er arbeitet auch für den Lucile-Meisel Musikverlag und veranstaltet regelmäßig Songwriting Sessions in den Hansa Tonstudios in Berlin. Dort habe ich dann den Komponisten Tom Marquardt kennengelernt. Er hat sofort verstanden, wie ich ticke und den Titel Urgestein zum gleichnamigen Album geschrieben. Auch den neuen Song hat er geschrieben. Den Text dazu hat Kurt Schoger geliefert. Die ersten Versionen waren mir noch etwas zu ernst, und nachdem ich selber ein wenig den Zander reingestreut habe, war er perfekt. Die Produktion habe ich in junge Hände gegeben. Benjamin Schwenen hat Gitarre gespielt, alles aufgenommen und den Titel produziert. Tja und als Sahnehäubchen gab’s dann noch eine Überraschung. Mein Enkel Elias ist mit seinen 20 Jahren ein ganz hervorragender Schlagzeuger geworden und hat live die Drums bei Freunde wie Felsen eingespielt. Mein Sohn hat mich mit dieser Idee überrascht. Es ist eine echte Familienproduktion geworden. Der Song ist schön rockig, kraftvoll und textlich sehr biografisch. Wir haben auch ein sehr schönes und privates Video dazu gedreht, mit Szenen der letzten Weihnachtsfeier für Obdachlose, aus meiner Lieblingskneipe Die kleine Weltlaterne und mit Aufnahmen an der Berliner Havel.
In der Plattenküche warst Du ja auch im Fernsehen als Entertainer erfolgreich. Hättest Du in dieser Hinsicht noch unerfüllte TV-Träume?
Nach der Plattenküche kamen ja noch Bananas und Vorsicht Musik und unzählige TV-Auftritte. Beispielsweise Sketche mit Hape Kerkeling oder Didi Hallervorden. Auch beim Tatort durfte ich mal mitspielen und beim Kinofilm Neues vom Wixxer. Aber ein Wunsch ist immer noch offen. Ich würde gerne in einem Gruselfilm mitmachen, vielleicht den alten Professor spielen, so wie im Film Tanz der Vampire. Das würde mir sehr gefallen.
Welche Bedeutung hat die Malerei noch heute für Dein Leben?
Die Malerei hat mich von Anfang an begleitet. Einige meiner Plattencovers habe ich selber gemalt und seit Jahren gibt‘s Zanders Fische auch als Kalender. Gerade male ich wieder viel. Das gibt mir Halt in dieser schwierigen, grauen Corona-Zeit. Es sind oft bunte und lustige Zander-Fische, die immer beliebter werden. Die nächste Ausstellung steht an, und ich freu mich schon darauf, meine Gemälde präsentieren zu können.
Wie bist Du eigentlich auf die Idee gekommen, während Deiner Vermieter-Krise und Corona die Balkonberichte in den Sozialen Netzwerken zu organisieren?
Das ist irgendwie passiert, wie immer bei mir ungeplant. Mein erster Balkonbericht hat über eine Million Menschen erreicht. Ich habe einfach drauf los gequatscht und erzählt, was mir auf der Seele brannte. Aber ich habe den Leuten auch immer Mut gemacht, und am Ende hieß es bei mir immer: „Auch wenn es gerade richtig schwer ist, denkt daran: Alles wird gut!“ Und dann gab’s n Bierchen. Das hat den Leuten gefallen. Wir haben eine Serie daraus gemacht, und eigentlich muss ich auch wieder mal einen Balkon-Bericht aufnehmen.
Wie fühlt es sich an, wenn die Fans von Hertha BSC Deine Hymne anstimmen?
Die Hertha BSC-Hymne ist 1993 auf Wunsch der Fans entstanden, seitdem wird bei jedem Heimspiel zum Einlaufen der Mannschaft Nur nach Hause gesungen. Der Song ist von Rod Stewart - I’m Sailing, und ich hab damals zusammen mit Hanno Bruhn einen neuen Text geschrieben. Ich vermisse gerade die wunderbare Ostkurve und die Kulisse im Olympiastadion sehr. Oft war ich zu Heimspielen von Hertha im Stadion und habe kurz vor Anpfiff die Hymne Nur nach Hause zusammen mit tausenden Fans gesungen. Das war immer Gänsehaut pur, wenn bis zu 70.000 Leute Deinen Song singen – ein irres Gefühl. Zurzeit kann ich nur vor dem Fernseher die Spiele von Hertha verfolgen und die Hymne im fast leeren Stadion hören. Aber ich glaube ganz fest daran, dass wieder bessere Zeiten kommen und ich auch wieder mit allen Fans zusammen singen kann. So eine Hymne kann man übrigens nicht einfach schreiben, sie muss entstehen.
„Naja, ich hatte schon etwas Angst vor der drohenden „8“. Klingt irgendwie nach uralt, aber es ist ja nur ´ne Zahl und ich fühl mich eigentlich im Kopf wie 69. Und ich habe noch eine Menge vor.“
„Meine Musik ist Genre- und Generationen-übergreifend, und ich lass mich nicht in eine Schublade packen, das können Andere machen, wenn sie wollen.“
„Ich würde gerne in einem Gruselfilm mitmachen, vielleicht den alten Professor spielen, so wie im Film Tanz der Vampire. Das würde mir sehr gefallen.“